Kolpingweg zu Fuß vom 21. Mai

Zehn Stelen sind es, die den Bühler Kolpingweg markieren. 21 Zuhörer, darunter viele Firmlinge, hatten sich versammelt, als Pfarrer und Diözesanpräses Wolf-Dieter Geißler bei der ersten Stele auf dem Parkplatz vor dem Haupteingang des Bühler Friedhofs die dort vermerkte Entstehungsgeschichte dieses Wegs erläuterte: Die Firmlinge des Jahrgangs 2012 haben aus Anlass des 200 Geburtstags von Adolph Kolping bei der Realisierung dieser Gedenkeinrichtung tatkräftig mitgewirkt. Kein Denkmal im klassischen und statischen Sinn wollte man diesem für die christliche Nächstenliebe leuchtenden Vorbild setzen. Etwas Neues, mit Bewegung Verbundenes und mitten im Alltagsleben der Menschen Angesiedeltes sollte es sein. So wurde dieser Weg in neun Stationen und einer Länge von etwa 3 km zu einer Einladung, über Leben und Wirken Adolph Kolpings zu meditieren und sich vor allem auch seine Bedeutung bis in unsere Zeit zu vergegenwärtigen.

Immer wieder gehen Mitglieder von Kolpingfamilien diesen Weg in Eigenregie oder nutzen die informative Begleitung durch Pfarrer Geißler. Die Stelen beinhalten nicht nur markante Aussagen zur Biographie Kolpings und Zitate aus seinen Schriften, sie stellen auch Bezüge zur Gegenwart her und geben Impulse für das eigene Leben. Zusätzlich beinhalten sie Quizfragen, die auf der jeweils nächsten Stele beantwortet werden.

Eine Besonderheit dabei stellen die Markierungen zur nächsten Station in Form von weißen (Kinder-)Fußspuren mit dem Kolping-Logo dar. Gegen vielfachen anfänglichen Widerstand städtischer Instanzen wurden sie ausgeführt und heute wegen ihrer Verwitterungsanfälligkeit jedes Jahr von Sozialpraktikanten erneuert. Ein wichtiger Befürworter und Unterstützer des Kolpingwegs war auch der damalige städtische Baubeauftragte Michael Pfeiffer, der vor kurzem als Bürgermeister von Gaggenau dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag einen Wahlkampfauftritt in seiner Stadt untersagte und damit für bundesweite Medienresonanz und außenpolitischen Wirbel sorgte.

Die erste Station mit dem Titel „Berührungen“ befindet sich unterhalb der Grabkapelle von Alban Stolz. Der in Bühl geborene Pfarrer und Professor für Pastoraltheologie und Pädagogik in Freiburg traf Adolph Kolping während eines Katholikentags und ließ sich von dessen Ideen begeistern. Er gründete vor 165 Jahren das Gesellen- und heutige Kolpinghaus in Freiburg und motivierte einen angehenden Priester, der bei ihm studierte und danach nach Bühl ging, auch dort einen Gesellenverein, Vorläufer der Kolpingsfamilien zu gründen. Aus diesem Grund feierte die Kolpingsfamilie Bühl bereits 2008 ihr 150jähriges Bestehen. Sie ist die sechsälteste überhaupt.

Alban Stolz ist zwischenzeitlich wegen der massiven antisemitischen Äußerungen in seinen Schriften umstritten. Pfarrer Geißler bezeichnete diese Veröffentlichungen als unentschuldbar, gleichzeitig seien seine Verdienste um die damaligen Gesellenvereine davon nicht berührt.

Kerpen bei Köln, die Geburtsstadt des gelernten Schuhmachers Kolping, ist in der Gegenwart für weitere „Schuhmacher(s)“ berühmt. Diese fuhren/fahren allerdings immer nur im Kreis, während Adolph Kolping zielorientiert nach vorne schritt, wie ein Bonmot das formuliert.

Mit diesen Überlegungen wurde die zweite Station, dem „Handwerker“ Kolping gewidmet, erreicht. Mitten im urigen Hänferdorf, dem ehemaligen Wohn- und Arbeitsquartier der Seilmacher und in der Nähe des Herstellers der weltbekannten Marke „Uhu“ erinnert die Stele daran, dass sich Kolping in einer ähnlich schwierigen gesellschaftspolitischen Situation befand wie wir heutzutage. Damals hatte gerade die billige Massenproduktion der neu aufgekommenen Fabriken damit begonnen, die bisherige Lebensgrundlage der zahlreichen Handwerker zu zerstören. Adolph Kolping hat dies an seinen Wirkungsstätten Wuppertal und Köln in voller Härte erlebt. In unserer Zeit besagt die Statistik, dass etwa 11 Millionen Deutsche trotz Vollzeit-Job vom Lohn für diese Arbeit keine Familie ernähren können. Gleichzeitig nimmt, nach neuesten Medienmeldungen, der hiesige Umsatz mit Fair Trade-Produkten, z. B. Kakao und Kaffee, die ihren Erzeugern in Entwicklungsländern gerechte Preise garantieren, stetig zu. Kirchliche Gruppen haben im letzten Jahrhundert mit diesen wirtschaftsethischen Maßnahmen begonnen.

„Tätige Liebe heilt alle Wunden. Bloße Worte mehren nur den Schmerz.“ Diese Aussage Kolpings stellt das zentrale Thema der dritten Station dar. Da Leid und Tod Bestandteile des Lebens sind, fand sie ihren Platz beim Bestattungsunternehmen Mechler, dessen Seniorchef seit 1949 bei Kolping aktiv ist und auch als einer der Sponsoren für den Kolpingweg agierte. „Die Not der Menschen eurer Zeit wird euch zeigen, was ihr zu tun habt“, war Adolph Kolpings zeitlose Empfehlung.

Diese Stele ist übrigens noch die einzige ursprüngliche. Alle anderen waren vor etwa zwei Jahren durch Vandalismus zerstört worden und mussten erneuert werden.

An der nächsten Stele vier, dem „Gesellenvater“ am Friedrichsbau, wurde im August 2013 der Kolpingweg vom damaligen Erzbischof Zollitsch in Anwesenheit aller hochrangigen Kolpingwerk-Führungsmitglieder aus Köln symbolisch eingeweiht. Es ist der Standort des ersten Gesellenhauses in Bühl. Die noch existierenden Häuser in der näheren Umgebung, z. B. in Karlsruhe, werden heute als Jugendwohnstätten genutzt.

Danach ging es ins „moderne Bühl“. Der Kolpingweg vermittelt nämlich auch Alteingesessenen eine teilweise bisher nicht gekannte Sicht auf ihre Heimatstadt. An der Mediathek wird an Station fünf des Publizisten und Schriftstellers Kolping gedacht. So hat er beispielsweise selbst die Wochenzeitung „Rheinische Volksblätter“ geschrieben, eine der wichtigsten katholischen Publikationen ihrer Zeit, und außerdem bei weiteren Zeitungen mitgearbeitet sowie einen Kalender herausgegeben. Im Pfarrhaus befinden sich 14 Bände mit seinen schriftlichen Zeugnissen, darunter auch Tagebuchaufzeichnungen.

Der markierte Weg führt weiter zur Ulrika-Nisch-Kapelle, vor der eine Nachbildung des Kolping-Denkmals der Kölner Minoritenkirche, dem Ort seiner Grablege, steht. Der Kopf des Handwerkers, dem er die Hand reicht, ist ausgespart, so dass sich dort jeder Besucher selbst mit ihm fotografieren kann. Der Stab des Handwerkers symbolisiert übrigens sein Vorankommen, das Bündel die Summe seiner Habseligkeiten.

Die Stele dort ist dem Priester Kolping gewidmet. Eine Nachbarin hat damals sein Studium bezahlt. Doch blieb auch er nicht von harten Schicksalsschlägen verschont: Am Tage seiner Priesterweihe erhielt er die Nachricht, dass sein Vater verstorben war. In einer automatisch ablaufenden Bild- und Textsequenz werden im Eingangsbereich zur Ulrika-Nisch-Kapelle die wichtigsten biografischen Daten Kolpings anschaulich dargestellt.

Station sieben steht mitten in der Fußgängerzone und symbolisiert „Kolping mitten unter den Menschen“. Adolph Kolping war sehr kommunikativ und ging immer auf die Menschen zu, für die er lebte, predigte und arbeitete. Er zog sich nicht in eine Studierstube zurück, sondern beobachtete vor Ort, wie der Alltag für seine Zeitgenossen tatsächlich aussah.

An der evangelischen Kirche St. Johannes erinnert die achte Station an die ökumenische Haltung Kolpings. Er ließ schon damals Gesellen anderer christlicher Glaubensrichtungen zu. Pfarrer Geißler betonte in diesem Zusammenhang die konstruktive und angenehme Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Götz Häuser. Heute wird in Kolpingkreisen aus aktuellem Anlass über die Aufnahme von Muslimen in die Kolpingsfamilien diskutiert.

Die letzte Station befindet sich, wie der Ausgangspunkt auf dem Parkplatz, vor dem Friedhof. Sie trägt den Titel „Ende und Neuanfang“. Nach seinem Tod entwickelte sich das Werk Kolpings stetig weiter. Heute sind etwa 400.000 Mitglieder in über 60 Ländern innerhalb von Kolpingsfamilien organisiert und tätig.

Etwa zwei Stunden waren nun seit Beginn der sehr eindrucksvollen Führung vergangen. Noch immer strahlte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel und der stetige Wind ließ die sommerliche Wärme angenehm wirken. Nach der Erteilung des Segens entließ Pfarrer Geißler seine Zuhörer, die sich, vielleicht ein kleines bisschen müde, in jedem Fall aber frohgestimmt und gleichzeitig auch ein wenig nachdenklich verabschiedeten.