Religionsgemeinschaften im historischen Bühl


Besichtigung der Religionsausstellung
im Stadtmuseum Bühl vom 18.11.

 

Mit der „Religionsausstellung“ fand in diesem Jahr das Themen-Repertoire des Bühler Stadtmuseums (Seitenansicht siehe obiges Foto) einen Höhepunkt und seine glanzvolle Abrundung. Die Kellerräume bilden mit ihren Naturstein-Wänden und der ausgeklügelten Beleuchtung den stimmigen Rahmen für die vielfältigen Ausstellungsstücke. Egon Schempp konzentrierte sich bei seiner Führung für die 14 Teilnehmer aus unterschiedlichen Altersstufen anhand ausgewählter Exponate auf Gebäude, Örtlichkeiten, Kultgegenstände und Kunstwerke der drei Religionsgemeinschaften im historischen Bühl: katholisch, evangelisch, jüdisch.

 



Eine sehr wechselvolle Geschichte hat das ursprüngliche katholische Kirchengebäude in Bühl, das möglicherweise schon Anfang des 14. Jahrhundert existierte. In den diversen Kriegen des 17. Jahrhunderts wurde es wiederholt stark beschädigt und repariert. Ein letzter umfassender Umbau erfolgte 1770, bevor das Gebäude im Jahre 1879, nach Abriss des Chors, zum Rathaus umgewidmet wurde. Die spätgotische Pietà aus der alten Kirche befindet sich heute im Museum „Kunstpalast“ Düsseldorf. Es ist das vermutlich einzige noch existierende Kunstwerk aus dieser Epoche, das aus Bühl stammt. Eine Kopie dieses „Vesperbildes“ (Bildhauer: Rudolf Siegel), wie diese spezifische Darstellung der „Schmerzensmutter“ Maria auf Deutsch auch genannt wird, hat nun im Stadtmuseum seinen Platz gefunden.

 

Mit der „Müllenbacher Madonna“ unbekannter Herkunft aus dem frühen 16. Jahrhundert verbindet sich eine besondere Geschichte: Sie wurde in der Müllenbacher Wendelinuskapelle auf dem Speicher gelagert und 1954 eher zufällig an einen Brauchtumspfleger verkauft – für 50 DM – und auf dem Fahrrad zu ihrem nächsten Aufstellungsort transportiert. Dadurch wurde sie höchstwahrscheinlich vor der Zerstörung durch Zersägen bewahrt.

 

Ebenfalls zur Ausstattung der alten Pfarrkirche gehörten zwei silberne und vergoldete Messkelche aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die daneben stehende Monstranz wurde 1751 in der damals marktbeherrschenden Werkstatt des Augsburger Goldschmieds Franz Thaddäus Lang hergestellt. Sie ist eine Leihgabe der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul, Seelsorgeeinheit Bühl.

 

Mit 10 Bürgern war 1825 die evangelische Gemeinde in Bühl sehr klein. Sie wurde vom evangelischen Pfarrer der Illenau mitbetreut. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand aus einem alten Wirtshaus nach und nach mit vielen Umbauten ein Pfarrhaus mit Betsaal und dann auch eine Kirche mit 175 Sitzplätzen und einem 27 Meter hohen Turm. Sie wurde 1969, nach der Neuerrichtung eines modernen Gebäudes, abgerissen. 1901 waren die Gläubigen aus allen umliegenden Gemeinden in der lutherischen Gemeinde Bühl zusammengeschlossen worden.

 

Aus der alten Kirche stammt das Altarkreuz von 1950. Es wurde anlässlich des 100jährigen Bestehens der evangelischen Kirchengemeinde von Pfarrer Mölbert gestiftet.

 

Von 1888 stammt das transportable Abendmahl-Set für Hausbesuche. Es ist für kleine Haus- und Not-Abendmahlsfeiern gedacht und umfasst eine lederne Transporttasche, in welcher der gläserne Weinbehälter, sowie die silberne Hostiendose und der silberne Kelch untergebracht werden.

 

Die jüdische Tradition reicht in Bühl bis 1582 zurück. Eine Haussynagoge gab es ab 1820, neu gebaut wurde die Synagoge 1823 und in der Reichspogromnacht am 10.11. 1938 zerstört. 1827 wurde Bühl Sitz des Bezirksrabbiners, knapp 300 jüdische Gläubige gab es allein in Bühl. Die letzten, 26 Personen, wurden am 22.10.1940 nach Gurs verbracht. Acht erlebten das Kriegsende.

 

Das Museum zeigt eines der wichtigsten Symbole des Judentums, eine Menora, den siebenarmigen Leuchter, der um 1930 entstanden ist.

 

Aus dem 19. Jahrhundert stammt ein schützender Mantel für die Thorarolle. Die Thora-Schmuck-Elemente Krone (Polen, um 1860) und Schild (Böhmen, um 1880) und der beim Lesen verwendete Zeigestab (Yad, Deutschland, um 1880) sind Bestandteil der Sammlung von künstlerisch wertvollen Kultgegenständen rund um die fünf Bücher Moses, die Thora. Außerdem gehören dazu der lange Vorhang (Böhmen 1894), der den Schrein verhüllt, in dem die Thorarollen verwahrt sind und das Kaporet (Deutschland 19. Jh.), ein die Gardinenstange bedeckender kleiner Vorhang.

 

Ein besonderes Exponat stellt eine Art Vitrine mit 9 Fächern dar. An jedem kann per Knopfdruck der Inhalt beleuchtet und die zugehörigen Erläuterungen gelesen werden. Es handelt sich jeweils um eine Visualisierung zentraler Elemente der jüdischen Religion.

 

Nach etwa 1 ½ Stunden war dieser äußerst informative und, dem Monat November entsprechend, besinnliche Rundgang zu Ende.

 

– Fotos zu den angesprochenen Exponaten in der Bildergalerie –