Führung durch die Autobahnkirche St. Christophorus in Baden-Baden vom 17.8.

Ein unerwartet einprägsames Erlebnis erwartete die 13 Teilnehmer dieses Ausflugs am späten Nachmittag dieses sonnigen, aber nicht zu warmen Augusttags. Tobias Albert, Mesner der Autobahnkirche St. Christophorus bot eine unterhaltsame und gleichzeitig inhaltsstarke Führung durch das schon in seiner Anlage beeindruckende Gotteshaus. Erbaut nach dem Entwurf von Friedrich Zwingmann wurde die Kirche 1978 geweiht und zuletzt entsprechend aktueller ökologischer Anforderungen aufwändig restauriert.

Sie besticht schon von außen durch ihren stilisierten Torbogen und die ringsum errichteten Türme, die in ihrem Gesamtarrangement ein Kreuz bilden. Das jüngste Bauwerk dieser Art, der Glockenturm mit der 1100 kg schweren „Gottesglocke“ und der 500 kg wiegenden „Menschenglocke“ darüber, entstand 2012, nachdem die staatliche Wegeplanung die bisherige Zufahrt zur Kirche abgeriegelt hatte. Auch die Außenhaut dieses Turms zieren Reliefs mit Themen aus der Heilsgeschichte und immer wieder aktuellen Bezügen auf den Straßenverkehr, den Rohstoff Öl oder den „funktionierenden Menschen“.

Über 18 Stufen erreicht man das Mittelportal, das von einer Emaille-Arbeit beherrscht wird, in deren Mittelpunkt der Lebensbaum in Kreuzform steht. Die Innenseiten zeigen den ersten Teil des Vaterunsers und markieren damit dessen zentrale Position innerhalb der Gebetswelt.

Der quadratische Innenraum, der sich in einer Holzkonstruktion nach oben zur Pyramide verjüngt, beeindruckt mit klaren Linien und lenkt den Blick auf die von dem Karlsruher Maler und Bildhauer Emil Wachter (1921-2012), einem Künstler mit theologischer Ausbildung, gestalteten bunten Glasfenster. Produziert wurden diese in Karlsruher und St. Georgener Werkstätten. In den Primärfarben Rot, Gelb und Blau werden Szenen aus dem Leben Jesu sowie Motive der Offenbarung des Johannes eindrucksvoll dargestellt, zusammengefasst „Das Drama der menschlichen Existenz im Licht der Bibel“*. Theologische Symbolik wechselt mit nahezu fotografisch präzisen Bezügen zu Personen und Bedeutungsträgern aus der Neuzeit, wie beispielsweise das kaum zu missdeutende Porträt Gaddafis als Prototyp eines skrupellosen Machthabers und Nixons als falscher Berater eines Herrschers oder der Gestapo-LKW, der in der Bildfolge zum Leidensweg Christi auftaucht. Wachter setzte auch durchaus eigenwillige Akzente, als er in der Kreuzigungsszene nicht etwas Maria und Johannes, sondern Maria Magdalena an prominenter Stelle platzierte. Auch fordert seine Darstellung eines leicht gekippten siebenarmigen Leuchters, der jüdische Menora, und die darüber ausgestreckte Hand zu einer Annäherung zwischen den Weltreligionen auf.

Ein besonderes Erlebnis stellte die Führung für die drei Kinder in der Gruppe dar, die, von Tobias Albert sanft und geschickt motiviert, mit ihren Kenntnissen aus dem Religionsunterricht glänzen konnten. Albert baute in seine Erklärungen zu den künstlerischen Elementen auch immer wieder gekonnt aktuelle Fakten zum Alltag der Kirche ein (jeweils 100-300 Besucher zum Sonntagsgottesdienst, 25-30 Taufen + ca. 20 Hochzeiten pro Jahr), verdeutlichte die Offenheit der Einrichtung auch gegenüber Nichtkatholiken (auch Muslime können in der Kirche auf ihrem Teppich beten) und verwies auf das ausliegende Anliegen-Buch, dessen Einträge, ergänzt um die ca. 10 wöchentlichen Ergänzungen per Internet als Basis für die Fürbitten gewählt werden. Dazwischen wusste der kenntnisreiche und redegewandte Besucherbetreuer auch immer wieder von lustigen Begebenheiten zu berichten, so dass sich alle Teilnehmer über die gesamten 45 Minuten der Führung nicht nur bestens informiert, sondern auch prächtig unterhalten fühlten.

In der unterirdischen Krypta veranschaulichte Albert anhand eines bearbeiteten Styropor-Quadrats, wie die reichhaltigen Beton-Reliefs en den Wänden ringsum entstanden sind. An der Hauptwand mit dem Tabernakel über dem Gründungsstein ist die Verklärung Jesu dargestellt. In diesem Raum der Stille und Besinnung finden auch Gottesdienste und Gedenkfeiern im kleinen Rahmen statt. Ein ansprechender Nebenraum ist als Beichtzimmer vorgesehen. Als Anerkennung für seine exquisite Führung und Dank der Kolpingsfamilie Bühl überreichte Egon Schempp eine große Kerze mit dem Motiv der Bühler Pfarrkirche. Tobias Albert überraschte die Gruppe ebenfalls mit einer Motivkerze und kleinen Geschenken für die Kinder.

Beim anschließenden Stammtisch im Restaurant „Deutscher Kaiser“ waren sich alle einig, dass diese Führung auch sicher deutlich mehr Kolpingmitgliedern gefallen hätte. Es wurde bereits beschlossen, diesen Programmpunkt 2018 wieder in die Planung aufzunehmen.

*“Autobahnkirche St. Christophorus Baden-Baden“, Regensburg, 5. Aufl. 2005, S. 6