Colmar und Odilienberg
Modernes Leben in alten Gemäuern und eine Messe in einer 1300 Jahre alten Klosterumgebung: Ausflug nach Colmar und auf den Odilienberg am 15. September
In bester Stimmung stiegen 29 Mitglieder der Kolpingsfamilie Bühl am Samstagmorgen um 8 Uhr in den Bus. Zu Beginn der Fahrt übermittelte Ulrika Gehring, Mitglied im Vorsitzenden-Team, den Reisesegen von Diözesan-Präses Wolf-Dieter Geißler, den pastorale Aufgaben zunächst in Bühl festhielten.
Auf dieser Fahrt waren vor allem Teilnehmer im mittleren und höheren Alter vertreten. Es blieben nur wenig mehr als eineinhalb Stunden Zeit, um sich während der zügigen Fahrt über die linksrheinische Autobahn A35 auf die Besichtigung der ca. 120 km entfernten Hauptstadt des Départements Haut-Rhin (Oberrhein), Colmar, vorzubereiten.
Die Sonne strahlte vom wolkenlos blauen Himmel, als sich die Gruppe dem Treffpunkt der Stadtführung beim Museum „Unter Linden“ näherte. Das ehemalige Dominikanerinnenkloster, das nach der Revolution 1789 zur Garnison umfunktioniert wurde, beherbergt heute einen der bekanntesten Altäre, den im frühen 16 Jahrhundert aus der Hand von Matthias Grünewald entstandenen Isenheimer Altar. Er stellt in eindringlichen Bildern das Leben und Sterben Jesu dar – wichtiges Anschauungsmaterial für die damals in ihrer Mehrzahl des Lesens unkundigen Christen.
Zur Führung wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. Es wäre den beiden Stadtführern auch praktisch unmöglich gewesen, mehr als diese jeweils reduzierte Anzahl von Zuhörern inmitten der überall wuselnden Touristen und Einheimischen stimmlich zu erreichen. Die knapp über 70.000 Einwohner zählende „Stadt des Weins“ verfügt über eine ausladende, nicht durch Kriegseinwirkungen zerstörte Kernstadt innerhalb noch existierender Stadtmauern aus dem Jahr 1220.
Die vielfach aus dem 17. Jahrhundert stammenden, original erhaltenen Gebäude wurden immer wieder vorsichtig den jeweils zeitgemäßen Arbeits- und Wohnanforderungen angepasst, in ihrer Bausubstanz jedoch nicht angetastet. Dies führt zu der aktuellen Situation, dass in einigen der schmalen Straßen nicht nur Autoverkehr zugelassen ist, sondern die Gebäude entsprechend der innerstädtischen Versorgungsbedürfnisse der Bewohner als Geschäfts- und Wohnhäuser genutzt werden. Wie man an den vielfach erhaltenen und wunderschön detailverliebt gestalteten Aushängeschildern der Ladenlokale erkennen kann, hat sich zwar immer wieder der Geschäftszweck geändert, beispielsweise wurde aus einer Bäckerei eine Boutique, doch für den Einzelhandel oder die Gastronomie eingesetzt werden die Gebäude noch immer.
So befinden sich heute Büros der Stadtverwaltung in einer alten militärischen Wachstation. Aus dem Jahre 1537 stammt das vollständig mit religiösen und allegorischen Szenen bemalte „Pfisterhaus“ (Maison Pfister) eines reichen Hutmachers, dessen Erdgeschoss kommerziell genutzt wird. Das eigenwillige „Kopfhaus“ (Maison des Têtes) im Renaissance-Stil, dessen Fassade mit über 100 Köpfen verziert ist, wurde 1609 erbaut und dient heute als Restaurant.
Andere historische Gebäude wurden zu Museen für die großen Söhne der Stadt, wie das „Musée Hansi“ für den 1951 verstorbene Maler und Grafiker Jean-Jacques Waltz (Künstlername: Hansi). Ein repräsentatives Bürgerhaus ist dem allerdings schon im Alter von zwei Jahren aus Colmar mit seinen Eltern weggezogenen Schöpfer der New Yorker Freiheitsstatue, dem Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi (1884-1904) gewidmet.
Und ganz oben, oft vor den Dachgauben der Häuser halten sich noch heute die Namensgeber der Stadt auf, als wüssten sie, dass Colmar 823 zum ersten Mal als „Columbarium“ = Taubenhaus urkundlich erwähnt wurde.
Der Weg der Stadtbesichtigung führte dann in das „Klein-Venedig“ (Petite Venise) genannte Stadtviertel Krutenau, das sich an das mit Grünpflanzen umrahmte Flüsschen Lauch und seine Kanäle schmiegt. Blumengeschmückte Fachwerkhäuser und Brücken prägen das Bild. Daran schloss sich ein kleiner Rundgang durch das wegen des durchdringenden Gestanks in alten, aktiven Zeiten immer an der Stadtmauer gelegene, heute malerisch-ruhige Gerberviertel zur historischen Markthalle, in der täglich, außer montags, etwa 20 Händler Lebensmittel anbieten.
Nach dieser neunzigminütigen, mit vielen begeisternden Eindrücken kurzweilig gestalteten Stadtführung widmeten sich die Teilnehmer ihren unterschiedlichen Interessen: Mittagessen in den überall einladenden Restaurants und Bistros, Shopping in den immer wieder nicht-alltägliche Angebote an Essbarem und Dekorativem bereithaltenden kleinen Geschäften oder der konzentrierte Besuch in einem der im Zentrum liegenden Museen.
Den Höhepunkt des Nachmittags bildete der Aufenthalt auf dem Odilienberg. Die beeindruckende und weitläufige Klosteranlage Hohenburg wird 2020 ihr 1300jähriges Bestehen feiern. Aus 763 Höhenmetern bietet sich ein atemberaubender Blick auf das Oberrheintal, hinter dem der Schwarzwald noch als dunkles Schemen zu erkennen war. Die unterhalb des Klosters gelegene Quelle trägt den Namen der Klostergründerin und heutigen Schutzpatronin des Elsass, der Hl. Odilie, die mit diesem Wasser einen Leprakranken geheilt haben soll. Heute soll das Quellwasser dieses Wallfahrtsortes zur Linderung von Augenkrankheiten beitragen.
Das glücklicherweise von der Teilnehmerin Gabi Schuler mitgeführte Heilwasser-Fläschchen fand seinen Einsatz im Rahmen des Gottesdienstes, den Präses Wolf-Dieter Geißler in der „Tränenkapelle“ (Chapelle des Larmes) zelebrierte. Der Name soll auf den Umstand zurückgehen, dass die Hl. Odilie ihren Vater beweint hat, der sterben musste, bevor er seine anscheinend zahlreichen Sünden abgebüßt hatte. Vor dem Altar der Kapelle ragt aus dem Fußboden ein Felssporn, heute geschützt durch ein Gitter, der von den Tränen der Hl. Odilie benetzt worden sein soll.
Die Kapelle selbst steht pittoresk auf einem Felsvorsprung, ihr hohes Gewölbe ist vollständig, auch mit viel Blattgold, ausgemalt und zeigt unter anderem die vier Evangelisten in ihren klassischen Symbolen: den Stier für Lukas, den Adler für Johannes, den Löwen für Markus und den Engel für Matthias. In der Kuppel ist Jesus mit einer Mitra in Priester-Haltung abgebildet. Um ihn gruppieren sich, wie in einem prachtvollen Rosenkranz, zehn Personen, welche die Tugenden Gehorsam, Enthaltsamkeit, Mitgefühl, Gerechtigkeit, Armut, Mäßigkeit, Freigiebigkeit, Keuschheit, Buße und Bekenntnis repräsentieren. In einem Dialog aus Psalmenzitaten (z. B. 50,12 und 116, 12) sprechen sie mit Christus, was in kunstvollen Wortgirlanden visualisiert ist.
Das Gotteshaus bietet 25 Sitzplätze. Die dadurch entstandene Enge entfaltete genauso ihre positive Wirkung wie die optisch eindrucksvolle Umgebung und die einfühlsam-passende Gitarren- und Querflötenbegleitung der stimmungsvollen Gesänge durch Monika und Christoph Schmidt. „Gottesdienst mit Gänsehautfeeling“ nannte Ulrika Gehring dieses Erlebnis bei den abschließenden Dankesworten an Präses Wolf-Dieter Geißler sowie für die sorgsam-vorausschauende und engagierte Planungsarbeit der Organisatoren Utz Wetzel und Andrea Groll.
Nach einer sicheren Fahrt des geschickten jungen Busfahrers durch den abendlichen Ausflugsrückreiseverkehr nutzten die Teilnehmer das abschließende Abendessen im Restaurant Traube in Haft/Ottersweier zu einem lebhaften Austausch über den geglückten Ausflug mit seinen unzähligen eindrucksvollen Impressionen.